Die Stadt Bretten war dem Heidelberger Hof gegenüber verpflichtet, ständig 750 Schafe zu halten Diese Anzahl an Schafen durfte auch aufgrund von Seuchen, Krieg und anderen Umständen für längere Zeit nicht unterschritten werden. Die Stadt hatte die Kosten für die Schäfer zu tragen und für Mensch und -tier Unterkunft innerhalb der Stadtmauern bereitzustellen. Die Schafhaltung sollte in erster Linie dazu dienen, die Güter des herrschaftlichen Bauernhofes durch das sogenannte Pferchen zu düngen. Die Abfolge der Pferche war genau geregelt. Die Schafe lieferten die Wolle für die Brettener Weber. Schaffleisch machte über 50 % des Fleischkonsumes aus.
Die Geschichte der süddeutschen Schäferei
Nur in wenigen Landschaften haben sich heute noch, von ihrem Ursprung her „echte“ Zunftfeste mit ihrem hergebrachten Brauchtum erhalten; auch dies freilich insofern, als der Festcharakter, der ursprünglich nur Beiwerk und Ausklang der jährlichen Zunftversammlung war, nun zum Selbstzweck geworden ist, wie beispielsweise bei den Schäferfesten.
Die Feste der Schäfer waren eigentlich Zunftfeste, die aus den jährlichen Zunfttagen und Versammlungen hervorgegangen sind. Da die ehemaligen Schäferzünfte und Bruderschaften auch nach Aufhebung der Zünfte Im 19. Jahrhundert eine Brauchtumskontinuität bewahrt haben wie kein anderer Berufsstand, lässt sich an ihrem Beispiel am deutlichsten das Wesen der Zunftfeste darstellen.
Die Schäfer waren seit dem 15. Jahrhundert – mancherorts mit den Metzgern zusammen – in Zünften organisiert. In vielen Süddeutschen Städten wie z.B. Markgröningen, Heidenheim, Urach, Wildberg, Rothenburg, unser Bretten, aber auch in Thüringen, Hessen (Hungen) und am Oberrhein bestanden diese Zünfte, mit Privilegien und rechtlichen Befugnissen versehen, gleichberechtigt neben den Handwerkszünften. Im süddeutschen Raum wurden sie von Anfang an durch die Feudalherren, die in der Schäferei einen beachtlichen Wirtschaftsfaktor sahen, mit großem Verständnis unterstützt. In Norddeutschland dagegen treffen wir sogar auf Verbote wie dieses aus Kurbrandenburg Im Jahr 1620:
„Ferner verbieten wir auch allen Hirten und Schäfern den Gebrauch der Gewehre, als Büchsen, Degen, türkische Säbel und Spitzbarden… wie auch… alle Verbündnis… und Innungen, deren sie sich an eines Theils Orten ganz frevelhafter, boshafter und strafbarer Weise unterwunden“,
Von ihrer Beziehung zur Viehzucht, die sie zwang, sich ähnlich den Abdeckern und Schindern des gefallenen Viehs anzunehmen, rührt es her, dass die Schäfer lange Zeit zu den sogenannten „unehrlichen Leuten“ gezählt wurden, zu denen man auch die Scharfrichter, Totengräber, Spielleute, Zöllner und Müller rechnete. Ein Gedicht aus der Zeit lautet dazu:
„Metzger, Schäfer und Schinder sind lauter G´schwisterkinder.“
So gab es trotz der äußerlichen Gleichstellung oft Schwierigkeiten, wenn ein Schäfersohn in eine Handwerkerzunft eintreten wollte. Im Glauben des Volkes war jeder, der mit einem gefallenen Tier zu tun hatte, als unrein und damit ehrlos verschrien. Ein, in eine Scherzfrage gekleidetes, Sprichwort aus dieser Zeit sagt zur Vervollständigung:
„Ein Rettich und ein Rueb, ein Müller und ein Dieb, ein Schäfer und ein Schinder, welches ist mehr oder minder?“
Auf der anderen Seite waren die naturverbundenen Schäfer aber sehr geschätzt wegen ihrer Kenntnis heilender Pflanzen, und sie wurden oft weither um Hilfe gegen Krankheiten bei Mensch und Tier ersucht. Da man ihnen auch die Beherrschung magischer Beschwörungsformeln, der sogenannten „weißen Magie“ nachsagte, betrachtete sie das einfache Volk mit einem mit Furcht gemischten Respekt.
Das ungebundene Leben und die relativ große Freiheit, die der Schäfer genoss, unterschieden ihn vom Bauern und Bürger, wobei zu der schlechten Beurteilung zweifellos der Verdacht beitrug, dass der Schäfer ab und zu ein Tier auf eigene Rechnung verkaufte, was ihm, ähnlich wie dem Müller, der eben so wenig zu kontrollieren war, nicht gerade den Ruf besonderer Ehrlichkeit eintrug. Dieser alte Sagenstoff mit der Thematik des Treueverhältnisses zum Dienstherrn hat zum Beispiel das Markgröninger Schauspiel „Vom Treuen Bartel“ zum Inhalt.
Einmal im Jahr trafen sich die Schäfer in einem größeren Ort, um hier ihre Zunftgeschäfte zu erledigen, Gesellen- und Meisterprüfungen abzuhalten, Händel zu schlichten und ihre Abgaben zu zahlen. Für den süddeutschen Raum bot sich die Stadt Markgröningen an, die in der Stauferzeit Trägerin der Reichsturmfahne war. Hier wurde auch die Zunftlade mit dem Zunftbrief sowie die Schäferfahne aufbewahrt. Diesen Versammlungstag, an dem vormittags die amtlichen Geschäfte erledigt wurden, krönte man mit einem sportlich-spielerischen Wettkampf, dem Schäferlauf, an den sich Im Laufe der Zeit noch andere Geschicklichkeitsproben und volkstümliche Spiele anschlossen; beendet wurde der Tag mit Lustbarkeit und Tanz. In Markgröningen hatten die Schäfer dabei von alters her das Recht, sich bei dem öffentlichen Tanz im Oberamteihof „jede der Zuschauerinnen ungeachtet ihres Standes zu holen“, wie es aus einer Beschreibung um 1780 hervorgeht.
Neben Markgröningen hatten in späterer Zeit Wildberg und Urach, sowie die Städte Heidenheim, Rothenburg und Bretten ihren Schäferlauf. Während in den drei erstgenannten das Schäferfest Krieg und Notzeiten überdauerte bzw. nach dem Krieg wiederauflebte, erhielten sich in Rothenburg und Bretten nur Reliktformen des Schäferbrauchtums, die Rahmen einer Brauchtumsvorführung dargeboten werden.
Rothenburg, das schon 1393 einen Schäfertag veranstaltet haben soll und ihn 1776 zum letzten Mal abhielt, führt seit 1911 im Rahmen einer folkloristischen Darbietung einen Schäfertanz vor, zu dem die „Rothenburger Schäfertanzgruppe“ in Trachten aus dem Biedermeier gekleidet ist. Hier ist die ursprünglich lokale Brauchtumskontinuität abgebrochen und unter kommerziellen Gesichtspunkten neu aufgenommen worden.
In Bretten fand der „Schäfersprung“ früher am Tage St. Laurentius (10. August) statt. Die heutige Schäfergruppe ist nun bereits seit mehreren Jahren bemüht, das geschichtliche Zunft und Lagerleben der damaligen Schäferei aufleben zu lassen. Dies geschieht im Speziellen am Peter und Paul Fest. Das jährliche Schäfertreffen mit dem Schäfersprung gilt hierbei als eine der drei Säulen des berühmten Festes.